Politisches Weitwanderprojekt „Gedenkmarsch“ im April 2024

Gedenktafel in Wustrau
Als jedoch die Rote Armee Anfang Februar 1945 die Oder erreichte, wurden diese Pläne als technisch nicht umsetzbar verworfen. Stattdessen erhielt der Erste Lagerarzt den Befehl, alle kranken und marschunfähigen Häftlinge in den Krankenstationen und „Schonungsblocks“ zu selektieren und sie entweder in die Sterbelager Bergen-Belsen und Mauthausen zu deportieren oder im Industriehof des KZ Sachsenhausen zu ermorden.
Die übrigen Häftlinge sollten durch einen schmalen Korridor, der zwischen den Fronten der Westalliierten und der Roten Armee verblieb, nach Nordwesten getrieben werden.
Gedenkstätte Belower Wald
Nach einigen Tagen erreichten die erschöpften Häftlinge den Belower Wald in der Nähe von Wittstock. Dort mussten sie mehrere Tage unter freiem Himmel verbringen. Einige Häftlinge fertigten aus Metallresten einfache Reiben an, um Rinde von Bäumen und Pflanzen zu reiben und diese zu essen.
Bei Ausgrabungen im Belower Wald in den 1990er Jahren wurden zahlreiche Rindenreiben gefunden. Diese Relikte erzählen eine bewegende Geschichte.
Der ehemalige französische Häftling Marcel Suillerot (geboren 1923) berichtete 2009 in einem Interview:
„Zum Glück gab es in diesem Jahr Löwenzahn, den wir kannten, Brennnesseln... Wir aßen Blätter und Wurzeln... Einige kratzten Baumrinde ab, um daraus eine Art Mehl herzustellen. [...] Einige hatten kleine Reiben, die sie selbst gemacht hatten. [...] Wir aßen die Blätter der Büsche. Wir schnitten Zweige ab, um daraus Unterstände zu bauen, legten Zweige und unsere Decken darüber, um darunter Schutz zu finden.“
Fehlende Rinde ist auch heute noch an manchen Bäumen in der Gedenkstätte Belower Wald sichtbar.
Nach dem Aufenthalt im Belower Wald mussten die Häftlinge weiter marschieren. Anfang Mai 1945 trafen sie im Gebiet zwischen Parchim, Schwerin und Ludwigslust auf alliierte Soldaten. Die SS-Wachen hatten die Marschkolonnen zuvor fluchtartig verlassen, und die Befreiung war endlich da.
Die rund 2.000 im KZ Sachsenhausen verbliebenen Häftlinge wurden am 22. April 1945 von sowjetischen und polnischen Soldaten befreit.

Die Gedanken unserer Jugendlichen
Es waren insgesamt 11 Jugendliche dabei, drei aus der Jugendgeschichtswerkstatt (JGW) und acht aus dem JFE Quader, hinzu kamen fünf pädagogische Fachkräfte des Jugendamtes Spandau, die die Wanderung inhaltlich und organisatorisch begleiteten.
Am Ende der Wanderung wurden insgesamt 118km von den Teilnehmern zu Fuß zurück gelegt. Dabei kamen sie durch vierundvierzig Brandenburger und Mecklenburg / Vorpommersche Dörfer.
„Es war ein erdrückendes heftiges Gefühl an diesem Ort zu sein, wo all diese Häftlinge vom Todesmarsch versammelt waren. Die Zeichen in den Bäumen haben die Ereignisse viel lebendiger und greifbarer werden lassen.“
Jugendliche aus der JGW (Belower Wald)
„Weil ich erst gegen 16:15 angefangen habe zu schreiben habe ich schon aus den Augen verloren, dass wir in Neuruppin einen Friedhof besucht haben.
Dort war ein jüdisches Massengrab. Es lag umzingelt von Soldatengräbern. Irgendwie etwas ungeschickt gewählt diese Kombination. Es wirkte, als ob die Opfer weiterhin umzingelt von ihren Tätern wären. Ob die dort liegenden Soldaten nun bereitwillige Täter waren, sei einmal dahingestellt.“
Jugendliche aus dem Quader
„Bis mir kurz vor dem ersten Gedenkmarsch Schild die Beine langsam wehtaten b.z.w. schlapp wurden:
Aber ich habe es noch bis zum Schild geschafft.
Nachdem uns Infos gegeben wurden, habe ich den Entschluss gefasst, erstmals mich ins Auto zu setzen und das nächste Teilstück nicht zu laufen, weil ich nicht mehr konnte.“
Jugendlicher aus dem Quader
„Am Abend gab es in Mirow (Jugendherberge) Essen und wir sind tatsächlich noch mit Klamotten in den eiskalten See gesprungen. Das war erfrischend und hat Spaß gemacht.
Bis jetzt habe ich auf dieser Reise schon oft Grenzen von mir ausgetestet und überwunden, das macht mich stolz“
Jugendliche aus der JGW
„Nach den ersten 10 Kilometer merkte ich langsam meine Füße & Beine. Dazu der Wind und zwischendurch der Regen, war echt schlimm. An dem Tag habe ich 30 km geschafft und die letzten Meter habe ich mich nur noch geschleppt. Ich habe wie eine Maschine funktioniert: Ein Bein vor das andere gesetzt.“
Mitarbeiter aus dem Quader
„Durch die gute und fröhliche Gruppe mit der man gelaufen ist, konnte ich mir die Schmerzen in meinen Füßen schon fast wegdenken. Ich war jedes Mal froh, dass die Transporter uns begleitet haben und die Auswahl an Snacks war schon fast besser als die eines Spätis.“
Jugendliche aus dem Quader
Gruppe an der Gedenkstätte Belower Wald